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Bilanz 2022: Genossenschaften in Weser-Ems stärken Marktposition

23.05.2023

In einem herausfordernden Umfeld konnten unsere Raiffeisen- und Warengenossenschaften, unsere genossenschaftlichen Viehvermarkter und Molkereien ihren Umsatz kräftig steigern auf zusammen 12,1 Milliarden Euro. Sie sind ein Grundpfeiler des Wohlstands in der Region, der rund 11.000 Menschen zukunftsfähige Jobs bietet. Dabei ist es wichtig, dass die Politik klar zur konventionellen und regional verankerten Agrarwirtschaft bekennt. Ansonsten wird der Strukturwandel Weser-Ems Wertschöpfung kosten.

 © MARKUS HIBBELER

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Die Verbandsdirektoren Axel Schwengels (links) und Johannes Freundlieb sehen die Ländlichen Genossenschaften in Weser-Ems gut aufgestellt. Bild: Markus Hibbeler

Rastede/Oldenburg. Die Genossenschaften in Weser-Ems in den Bereichen Landhandel, Milchwirtschaft und Viehvermarktung sind mit rund 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einem Gesamtumsatz von rund 12,1 Milliarden Euro Grundpfeiler des Wohlstands in der Region. Die Agrar- und Ernährungswirtschaft erlebe derzeit jedoch mit dem massiven Strukturwandel eine der größten Herausforderungen der vergangenen Jahrzehnte, sagten die Verbandsdirektoren Johannes Freundlieb und Axel Schwengels bei der Vorstellung des Jahresberichtes 2022 des Genossenschaftsverbands Weser-Ems heute in Rastede: „Wenn diese tragenden wirtschaftlichen Säulen erhalten bleiben sollen, brauchen wir von der Politik ein klares Bekenntnis zu einer regional verankerten, qualitativ hochwertigen und innovativen konventionellen Landwirtschaft.“ Ansonsten würden bis 2030 tausende Jobs im Nordwesten verloren gehen. Studien gingen im schlimmsten Fall von mehr als 20.000 Stellen aus, die wegfallen könnten. Zudem sei der Strukturwandel eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Lasten dürften nicht allein die Agrarwirtschaft tragen müssen.

Genossenschaftlicher Landhandel sichert Versorgung der Landwirtschaft

Die genossenschaftlichen Unternehmen seien gut aufgestellt. So hätten die 37 Raiffeisen-Warengenossenschaften und -gesellschaften in Weser-Ems ihren Umsatz 2022 um rund 900 Millionen Euro auf 3,1 Milliarden gesteigert. Grund seien vor allem die stark gestiegenen Preise im Bereich der Futter- und Düngemittel gewesen. Die verarbeiteten Mengen vor allem bei den Futtermitteln seien mit 379.000 Tonnen (Vorjahr: 385.000 t) dagegen leicht rückläufig gewesen. „Diese Entwicklung wird sich angesichts weiter abnehmender Tierzahlen auf den Höfen tendenziell fortsetzen“, sagte Freundlieb. Gleichzeitig betonte er, dass die genossenschaftliche Organisation sich auch in schwierigen Zeiten als verlässlicher Lieferant und Partner der Landwirtschaft gezeigt habe. Angesichts der durch den Ukraine-Krieg verursachten Lieferengpässe sei das für die landwirtschaftlichen Betriebe entscheidend gewesen.

Aufgrund ihrer vorausschauenden Vorratshaltung bei gleichzeitig stark steigenden Preisen 2022 blickten die Raiffeisen-Warengenossenschaften auf eine sehr gute Ertragslage mit einem Jahresergebnis von 24,3 Millionen Euro zurück. Das seien rund 9,6 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Zudem hätten die Unternehmen meist länger laufende Verträge mit ihren Energieversorgern gehabt, so dass die explodierenden Strom- und Gaspreise noch nicht zu Buche geschlagen hätten. „Diese beiden positiven Effekte fallen 2023 allerdings weg“, betonte Freundlieb. Angesichts erhöhter Kosten bei gleichzeitig sinkenden Preisen für Futter- und Düngemittel falle der Ausblick für 2023 somit „eher verhalten“ aus.

Obst, Gemüse und Kräuter: Hoher Kostendruck - rückläufige Verbraucherausgaben

Der Umsatz der Obst- und Gemüsegenossenschaften in Weser-Ems sei preisbedingt deutlich auf 369 Millionen Euro gestiegen – 42 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig sei der Kostendruck hoch. Zudem sank die Nachfrage der Verbraucher in Deutschland nach frischem Obst und Gemüse um 6,4 Prozent. „Das spüren unsere genossenschaftlichen Unternehmen, die bundesweit den Handel beliefern, natürlich“, sagte Freundlieb. Insbesondere mit zwei großen genossenschaftlichen Mitgliedern in den Bereichen Obst und Gemüse sowie Gartenbau habe die Region aber gut aufgestellte genossenschaftliche Unternehmen, die mit viel Knowhow flexibel auf die Marktgegebenheiten reagieren könnten.

Molkereien steigern Wertschöpfung

Ein ähnliches Szenario wie im Landhandel stellt sich in der Milchwirtschaft dar. Nach einem für die Landwirte erfreulichem Jahr mit historischen Rekordwerten beim Milchgeld von bis zu 69 Cent pro Kilogramm Milch sei momentan eine rückläufige Entwicklung auf die Marke von 40 Cent zu beobachten. „Das bedeutet angesichts weiter hoher Kosten für viele landwirtschaftliche Betriebe eine angespannte Lage“, sagte Freundlieb. Die genossenschaftlichen Molkereien, die zu den Aushängeschildern in Niedersachsen zählten, hätten sich 2022 in einer starken Form gezeigt. Trotz einer rückläufigen angelieferten Milchmenge von rund 7,8 Milliarden Kilogramm (Vorjahr 8,3 Mrd. kg) habe sich deren Wertschöpfung erhöht.

So seien der Umsatz mit 7,2 Mrd. Euro (Vorjahr 6,6 Mrd. Euro) und das Jahresergebnis mit 38,6 Millionen Euro (Vorjahr 33,4 Mio. Euro) spürbar gestiegen. Dies sei vor allem durch die Produktionsverlagerung in höherwertige Produktgruppen erreicht worden. Insbesondere sei die Käseherstellung ausgeweitet worden. „Das zeigt die große Leistungsfähigkeit und gute Marktpositionierung unserer genossenschaftlichen Molkereien“, sagte Freundlieb. Für die kommenden Jahre sei mit einer weiter leicht rückläufigen Milchproduktion der Höfe zu rechnen. Dieser Herausforderung stellten sich die genossenschaftlichen Milchverarbeiter mit unterschiedlichen Maßnahmen und Strategien.

Viehvermarktung: Hohe Leistungsfähigkeit abermals bewiesen

Bei den genossenschaftlichen Viehvermarktungsgenossenschaften und -gesellschaften bleibt die Stimmung getrübt. Zwar sei der Umsatz um rund 600 Millionen Euro auf 1,4 Milliarden Euro gestiegen. Allerdings zeugt ein um 700.000 Euro niedrigeres Jahresergebnis von 2,6 Millionen von dem hohen Kostendruck. Im Bereich der Rinderhaltung sei die Marktentwicklung positiv gewesen mit Preisen, die einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglichten. „Insbesondere die Schweinehaltender stehen aber vielfach mit dem Rücken an der Wand“, sagte Schwengels. So habe der Schweinepreis 2022 nahe seinen historischen Tiefständen notiert. Pro Tier hätten die Schweinhalter in Deutschland einen Verlust von im Schnitt 60 Euro verkraften müssen.    

Die Zahl der insgesamt vermarkteten Schweine und Rinder habe bei den genossenschaftlichen Unternehmen in Weser-Ems mit rund 8,7 Millionen Stück knapp 25 Prozent höher als im Vorjahr gelegen. Dieser Zuwachs sei insbesondere auf eine größere Verschmelzung zurückzuführen. „Die genossenschaftliche Viehvermarktung in Weser-Ems hat aber in herausfordernden Zeiten ihre hohe Leistungsfähigkeit bewiesen“, betonte Schwengels. Das laufende Jahr habe zudem steigende Schweinepreise gebracht, gleichwohl könne von einer auskömmlichen Situation für die Schweine haltenden Betriebe noch keine Rede sein.

Stabiles Ergebnis für 2023 erwartet

Insgesamt sehen Freundlieb und Schwengels die genossenschaftlichen Mitgliedsunternehmen in Weser-Ems gut aufgestellt. Für 2023 werde mit einer stabilen Entwicklung gerechnet. Vor allem ermögliche die gute Eigenkapitalausstattung der Betriebe einige Handlungsspielräume. „Überlebenswichtig“ sei aber, den massiven Strukturwandel auf eine gesamtgesellschaftliche Basis zu stellen. Die Landwirtschaft leiste einen großen Beitrag zur Versorgungssicherheit, zur Natur- und Umweltpflege und zum Erhalt einer lebenswerten Region. Gleichzeitig verursachten Digitalisierung, Energiewende, Klima- und Umweltschutz, verschärfte gesetzliche Auflagen und veränderte Konsumgewohnheiten enorme Kosten für die Betriebe. Eine leistungsfähige Agrar- und Ernährungswirtschaft sei ein Grundpfeiler des Wohlstands in Weser-Ems. Dieser gelte es Perspektiven zu eröffnen und sie nicht mit Abbauszenarien zu konfrontieren, sagten Freundlieb und Schwengels und forderten von der Politik ein klares Bekenntnis zum Erhalt und zur Stärkung der Agrar- und Ernährungswirtschaft.